Auch diese Nacht war wieder verdammt kurz, denn schon 4.30 Uhr waren wir am Zusammenpacken unserer Zelte. Fuer 5 Uhr war die Abfahrt geplant, doch aus dem Zelt der Chilenen hörte man nur lautes Schnarchen. Auf gepackten Koffern saßen wir nun da und harrten der Dinge, die da kommen sollten — vielleicht hatte es mal wieder eine Planänderung gegeben. Irgendwann gegen 6.30 Uhr kam einer der Bootsmänner und fragte, was denn los wäre. Cristian und der Rest der Crew hatten verpennt! Schnell ging es zu den Booten, die schon am Vorabend vorbereitet worden sind. Nach dem Verladen des Gepäcks hätte es eigentlich los gehen können. Durch die Verspätung machte uns der geringe Wasserstand der einsetzenden Ebbe zu schaffen und die Zodiaks mussten zunächst durch den seichten Seitenkanal in tiefere Gewässer gezogen und geschoben werden. Nach 20 Minuten Plackerei strudelten die Außenbordmotoren und wir hielten Kurs auf die Bahía Fitton. Trotz der relativ ruhigen See für die erfahrenen Käptains, gab es für uns Landratten trotzdem ab und zu eine salzige Dusche. Während der 3stuendigen Überfahrt wurde das Wetter besser, die Sonne blitzte durch die Wolken und immer mal wieder waren Details der Berge vor uns zu erkennen. Mehr und mehr hoffte natürlich jeder von uns einen Blick vom Buckland erhaschen zu können und für wenige Minuten gab die Königin (in Silberkondor über Feuerland beschreibt Plüschow den Sarmiento als König und den Buckland als Königin) ihr Antlitz frei. Eine steile Eisflanke zeichnete sich fast 2000 m über den Booten ab, immer wieder hinter Wolkenfetzen verschwindend, um das ein oder andere Mal hervorzublitzen. So schön der Anblick auch war, so viel Respekt flößte er uns ein. Die Landung auf der Halbinsel ging recht unspektakulär von Statten. Wir luden unsere Unmengen an Gepäck aus und schleppten es zu einem Holzverschlag in die Nähe vom Strand, der wahrscheinlich von Fischern errichtet worden war. Andreas war mit André beschäftigt, einen geeigneten Platz für einen Messpunkt ausfindig zu machen. Mit Hilfe eines dGPS-Punktes möchte Andreas sein Messnetz für die Erforschung der Plattenbewegung in dieser Gegend erweitern und hatte uns bis hierher aus diesem Grunde begleitet. Etwa 2 Stunden nach Ankunft war der Messpunkt installiert und die Boote fuhren mit Andreas wieder zurück. |
“Wir sind allein!” Nach kurzer Erkundung schleppten und zerrten wir das Gepäck durch den 80 m breiten Küstenregenwald auf eine dahinter liegende Wiese. Man sollte nicht eine saftig grüné Wiese erwarten, über die jeder im Frühling im herrlichen Sonnenschein schon einmal gewandert ist. Viel mehr bestehen die hiesigen Wiesen aus braungrünen Grasbüscheln und Moosen, die beim darüberlaufen nachgegeben, so dass der Schuh bis zum Knöchel im Matsch versinkt. Soweit der angenehme Teil des Weges. Die darauf folgenden 1,5 km und immerhin 60 Höhenmeter sind wir in etwa 5 h im Unterholz herumgestolpert, ständig auf der Suche nach dem optimalen Weg für den Gepäcktransport. Kurz vor der ersten Flussquerung war Dani fast seinen ca 75-stündigen Reisestrapazen erlegen und zeigte uns nochmals das zuvor Gegessene. Auf halber Strecke zum geplanten Basislager mussten wir dann zwangsläufig campieren. Die Motivation war zu diesem Zeitpunkt auf einen Tiefpunkt gesunken. Der Weg hatte zu sehr an unseren Nerven gezerrt. Der Ausblick auf den Weiterweg verhiess ebenfalls nichts Gutes. Das sich vor uns verengende U-Tal offenbarte einige Steilstufen und der Weg durch den Regenwald blieb ungewiss. |
Bemerkung: Nachdem ich die letzte Nacht regen Emailkontakt mit dem Team hatte folgen nun die Erlebnisse der letzten Tage (Thomas) Auch wenn es zwischenzeitlich sehr schlecht ausgesehen hatte, so erreichten Dani und André samt ihrem Gepäck gegen 2 Uhr morgens am 16.01. Punta Arenas. Für eine kleine Mütze Schlaf im Hostel war auch noch Zeit, bevor es gegen 5 Uhr wieder los ging. Das restliche Gepäck wurde auf die vier Autos verteilt, die beiden Boots-Steuermänner abgeholt und endlich setzte sich der übervolle Konvoi Richtung Feuerland in Bewegung. Vorbei an San Georgio fuhren wir zur Fähre und überquerten die Magellanstraße. Bald wechselte der Asphalt zu einer Schotterpiste. Einen Katzensprung von ihnen entfernt wurde ich etwas bleich, als mir schlagartig einfiel, dass ich das Filmstativ samt Schwenkkopf auf der Fähre stehen gelassen hatte. “Wie lang sind wir schon unterwegs? Ist es noch dort? Haben wir überhaupt die Zeit es noch zu holen” schoss es mir durch den Kopf. Der Konvoi kam zum Stehen und es vergingen wertvolle Minuten in den abgewägt wurde, was wir tun können. Per Sat-Phone versuchen wir die Fährstation zu erreichen, doch Sonntags sind die Büros nicht besetzt. Mit einem unguten Gefühl entschieden wir uns dafür, dass Andreas gemeinsam mit André zurückfahren sollte, der Rest der Truppe Richtung Puerto Arturo weiter fährt und Cristian Donoso den beiden auf halben Weg entgegenkommt, da ihr Auto das letzte Wegstück ohne Allrad nicht befahren kann. Die Pinguine wurden also links liegen gelassen und Andreas raste zurück zur Fähre. Die Piste Richtung Südwesten verlor zusehens an Qualität, trotz Allrad kamen wir teilweise nur im Schritttempo voran. Die Landschaft hatte von weiter Steppe zu rauher Küstenlandschaft und Regenwald gewechselt. Gerade hatten wir eine delikate Flussquerung mit den Autos überstanden, als Dani ganz aufgedreht irgendetwas suchte. Er konnte die kleine Knipse, die wir geliehen hatten, nicht mehr finden. Nachdem er das Auto komplett durchwühlt hatte und auf unserer Route einige hundert Meter zurückgelaufen war, mussten wir die Suche abbrechen. |
Die Zeit drängte und so entschieden wir, dass Dani auf dem Rückweg Cristian begleiten sollte, um nochmals nach der Kamera zu suchen. Es schien, als würde der Tag einige Verluste mit sich bringen. Die chilenischen Fahrer meinten schon, dass uns solch eine Schusseligkeit am Berg Kopf und Kragen kosten könnte. Wir konnten noch nicht einmal verneinen. Gegen 18 Uhr erreichten wir im herrlichsten Sonnenschein eine Art Ökocamp, in dem die beiden Boote lagerten. Vom Puerto Arturo trennten uns noch etwa 12 km und eine sehr riskante Flussquerung. Aufgrund der fehlenden Zeit entschieden wir uns gegen den Weiterweg und wollten am Folgetag von hier aus starten. Schnell wurden die Jeeps abgeladen und Cristian fuhr gemeinsam mit Dani den Nachzüglern entgegen. Der Rest der Gruppe baute die Zelte auf, hoffte auf einen erfolgreichen Ausgang der Stativ– und Kamerasuche und schlenderte den Rest der Zeit am sagenhaft schönen Strand entlang. Hier gab es riesige Muschelschalen, handgroße Krabbengehäuse und die tiefstehende Sonne verlieh der Szenerie ein magisches Flair. Weit in der Ferne verbarg sich der Monte Buckland in einem dichten Wolkenmeer und ab und zu blinzelte der Monta Aosta aus dem Nebelschleier hervor. Schneller als erwartet kamen Cristian und Dani gemeinsam mit Andreas und André zurück. Andreas hatte sein Auto gestrietzt und trotz fehlendem Allrad etwas weiter als verabredet die abenteuerliche Piste entlang manövriert. Bei der Ankunft an der Fähre hatte diese gerade abgelegt und Andreas und André mussten auf ihrer Rückkehr warten. Auf der Fähre wurden sie schon von der Mannschaft erwartet. Als sie erfuhren, wie weit Andreas wegen des Stativs gefahren war, haben sie lauthals angefangen zu lachen. Was tut man nicht alles… Dani hatte währendessen vergeblich nach der Kamera gesucht und wurde von Cristian auf dem Rückweg zum Ökocamp wieder eingesammelt. So schnell wollte er sich jedoch nicht geschlagen geben und sprang nochmals vom Jeep an einer Stelle, an der er schon mehrmals gesucht hatte. Kaum war er vom Auto runter, fand er die Kamera. Zu guter Letzt waren also Alle und Alles heil am Camp angekommen. Schwein gehabt… Nahtlos wurde in das Abendprogramm übergeleitet, der Mate-Tee rumgereicht und etwas Melone verspeist, bevor am Lagerfeuer zu argentinischem Rotwein und einem kross gebrutzelten Hammel übergegangen wurde — wohl das letzte Fleisch ohne Geschmacksverstärker für die nächsten Wochen. |